Pro-Kontra-Argumentarium zur Initiative 13. AHV-Rente

Diskussionsbeitrag für den Workshop vom 29.11.2023.

Pro 13. AHV-Rente

Gemäss Initiativkomitee sind die Renten insgesamt zu tief: Nach Abzug der Kosten für Miete und für Kranken­kassen­prämien und Gesundheit bleibt oft nicht mehr viel übrig.

Die Initianten sehen in der demographischen Alterung kein valides Argument für Finanzprobleme der AHV. Die Bürgerlichen wollen damit Angst vor einer vermeintlichen Lücke der AHV-Finanzierung schüren, um einen AHV-Ausbau zu blockieren und stattdessen die 3. Säule zu pushen, welche mehr Rendite und Einsparung bei den Steuern ermöglicht. Zugleich wollen sie die Erhöhung des Pensionsalters als alternativlos beliebt machen.

Die AHV als sozialste Säule der Altersvorsorge muss gestärkt werden.

Initiativkomitee: «In der Schweiz hat es genug Geld für anständige Renten – nicht nur für die Top-Verdiener».
Gemäss Argumentarium der Initianten soll die 13. AHV-Rente durch eine Erhöhung der Lohnbeiträge oder mittels Beiträgen aus den Gewinnen der Nationalbank finanziert werden.
Nicht thematisiert wird die bisherige Mitfinanzierung der AHV durch 1% Mehrwert­steuer und die zusätzliche AHV-Finanzierung von 20.2% durch den Bund.
Eine Erhöhung des Renten­alters wird grundsätzlich abgelehnt.

Die Initianten sehen die 13. AHV-Rente als einen notwendigen generellen Ausbauschritt für die AHV. Davon würden alle profitieren, um die höheren Alltagskosten zu bewältigen.

EL sind keine valable Alternative zu existenz­sichernden AHV- und IV-Renten. Menschen, die EL beziehen wollen, müssen alle ihre Ausgaben und Einnahmen gegenüber den Behörden offenlegen und rechtfertigen. Für viele ist das sehr erniedrigend. Darum ist ein Ja zur 13. AHV-Rente umso wichtiger.

Gemäss Initiativ-Text soll der jährliche Zuschlag weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs auf diese Leistungen führen.

Kontra 13. AHV-Rente

Die bedeutsame demographische Alterung ist ein Fakt und nicht nur ein vorüber­gehendes Phänomen bedingt durch die Babyboom-Generation.
Die steigende Lebenserwartung bringt künftig die AHV ohne zusätzliche Finanzierung in eine Schieflage.
Eine Stärkung der AHV im Rahmen der 3-Säulen-Altersvorsorge ist wichtig, aber davon sollen vor allem die weniger Bemittelten profitieren, und nicht die Wohlhabenden, die gar nicht auf eine höhere AHV-Rente angewiesen sind.
Ein Ausbau der AHV muss auf einem tragfähigen finanziellen Fundament stehen.

Es kann grundsätzlich nicht eine Aufgabe der Nationalbank sein, regelmässige und zweckgebundene Ausgaben zu finanzieren.
Bei einer deutlichen Erhöhung der Lohnprozente würden die Mehrkosten der AHV auf die jüngere Generation verlagert.
Eine Erhöhung AHV-Finanzierung durch den Bund wäre angesichts der angespannten Bundes­finanzen problematisch, denn entsprechende Kürzungen in anderen Bereichen wie etwa Bildung, Forschung, Gesundheitswesen, Klimaschutz, Entwicklungs­zusammenarbeit oder Landesverteidigung wären unverantwortlich.
Für eine generelle Erhöhung des Rentenalters gibt es vertretbare Gründe, aber auch plausible Gegen­argumente. Realistisch und mehrheitsfähig wäre am ehesten eine sozial abgefederte flexible Lösung.
Falls nötig wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu diskutieren.

Eine 13. AHV-Rente entspricht dem teuren Giesskannenprinzip, wobei erst noch die besser Bemittelten mit einer höheren AHV-Rente mehr profitieren als die weniger Bemittelten.
Für die Bekämpfung der Armut im Alter ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis für gezielte Unterstützungsmassnahmen viel besser als beim Giesskannen­prinzip. Deshalb sollte der Hebel primär bei Erhöhung der Ergänzungsleistungen (EL) oder bei einer Anhebung der tiefen AHV-Renten angesetzt werden. 1

1 Die EL werden zu 5/8 vom Bund und 3/8 von den Kantonen finanziert. Höhere staatliche Ausgaben für EL im schon arg strapazierten Staatsbudget könnten vermieden werden, wenn diese neu zumindest teilweise auch durch Lohnprozente finanziert werden könnten.
Eine Anhebung der tiefen Rentenbeträge (finanziert durch Lohnprozente) würde auch dem unteren Mittelstand etwas bringen. Allerdings würden damit auch insgesamt die Renten von wohlhabenden Lebensgemeinschaften erhöht, bei denen eine Partnerin oder ein Partner selber nur einen kleinen Rentenanspruch hat.

Dieses Beschämungsargument hat noch niemand bezüglich Beantragung von Krankenkassen-Prämienverbilligung geäussert.
Auf EL besteht ebenso ein normaler rechtmässiger Anspruch: Die teilweise noch vorhandene psychologische Hürde zum Bezug von EL muss durch gute proaktive Information der potenziellen Bezügerinnen und Bezüger beseitigt werden.
Es darf nicht sein, dass wegen dieses Informationsmankos das teure Giesskannenprinzip einer wirksameren und kostengünstigeren gezielten Unterstützung für armutsbetroffene Rentnerinnen und Rentner vorgezogen wird.

Es ist nicht sichergestellt, dass dann bei neuen Rentenbezügerinnen und -bezüger der Anspruch auf EL und deren Höhe auf der bisherigen Basis von 12 Renten ermittelt wird.
Im Initiativ-Text gibt es keine Aussage zum Anspruch auf Prämienverbilligung.
Weiter ist die Ungleichbehandlung von AHV und IV sozial ungerecht.

Dieser Beitrag stammt von:

Jürgen Bouli, Peter Ettlin, Sybille Eugster Straubhaar, Michael Oliveri, Walter Ott, André Schläfli, André Thali, Peter Tschanz, Liliane Waldner, Jürg Weber

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